Georgien ist ein Land, das bereits in der Antike zu Mythen und Schwärmereien verleitete. Denken wir beispielsweise an die Argonauten und Jason, die gemeinsam auf der Suche nach dem goldenen Vlies das heutige Georgien aufsuchten. Und wie so oft steckt auch in dieser Geschichte ein wahrer Kern, der sich noch heute im an Bodenschätzen reichen Land zeigt und lange vor der Fahrt der Argos begonnen hatte. Dieses Land und unserer Arbeit in Balitschi-Dzedzwebi möchten wir in dieser Multimediageschichte präsentieren. Von der Hauptstadt über das Dorfleben, die verschiedenen Aufgaben der Grabungsteilnehmer:innen während einer Kampagne schlagen wir eine Brücke bis hin zu georgischen Gerichten, die man gegessen haben sollte. Untermalt mit Interviews, Fotos und Auszügen aus unserem Podcast.
Die ersten Eindrücke
Wer Georgien bei Tag erreicht, dessen erster Blick fällt aus dem Flugzeug auf die im Hochsommer rötliche, trockene und teilweise karge Landschaft rund um den Flughafen von Tiflis, in der die Ufer der Kura die wenigen grünen Farbkleckse erzeugt. Dies ist aber nur eine von vielen Facetten, die Georgien zu bieten hat und zum Glück ist das Land und Tiflis überwiegend grün. Kommt man des Nachts an, verschieben sich die ersten Impressionen, etwa auf die Zollkontrolle oder – weil man so Durst hatte – auf die erste Begegnung mit georgischem Mineralwasser.
Was waren Pia, Nico und Dominics erste Eindrücke von Georgien?
Tiflis - Georgien im Miniaturformat
Während es für die meisten aus dem Grabungsteam nach der Landung direkt weiter nach Balitschi geht, verbringt das Vorabteam in der Regel die ersten ein zwei Tage in Tiflis. Und hier fällt schnell auf; Georgien ist nicht mehr ganz so geheimer Geheimtipp unter Touristen. Insbesondere in der malerischen Altstadt und Rund um die Friedensbrücke hört man viele verschiedene Sprachen und darunter auch ganz oft: Deutsch. Und es verwundert beim Durchstreifen der Stadt nicht wirklich, denn Tiflis ist Georgien im Miniaturformat; voller Kontraste. Einerseits die Brutalität der sowjetischen Nachkriegsarchitektur, andererseits die vielen Kirchen, die Altstadt, die Burgruine und moderne Architektur. Alles verschwimmt zu einer heterogenen Masse, die Eindruck macht. Genauso ergeht es den Reisenden, wenn sie den Rest des Landes besuchen. Seien es die mit Palmen gesäumten Strände der Schwarzmeerküste, die bis zu 5000m hohen schneebedeckten Berge des großen Kaukasus oder die saftigen Wiesen und dichten Wäldern, die die kargen Landschaften andernorts vergessen machen. Was alle Regionen Georgiens dabei eint, sind die Kirchen, die einfach omnipräsent sind und meist pittoresk in der offenen Landschaft stehen. Kein Wunder ist Georgien doch die zweitälteste christliche Nation der Welt.
Die dazugehörige Landesgeschichte lässt sich am besten mit einem Besuch im georgischen Nationalmuseum erfassen. Dessen Untergeschoss nicht zu Unrecht den Namen „Schatzkammer” trägt; es handelt sich dabei sogar um ein Understatement. Im Erdgeschoss wird die Menschheitsgeschichte von ihrem Beginn an gezeigt, mit dem Dmanissi-Menschen im Zentrum, um im obersten Stockwerk im heute zu Enden.
Tiflis:
Unsere Museumserfahrung:
Balitschi - georgische Dorfromantik
Von Tiflis aus erreicht man entweder wenige Stunden nach der Landung oder eben nach ein paar Tagen in der Stadt das kleine georgische Dorf Balitschi. Mit seinen Häusern aus einem Potpourri aus teils beeindruckenden Gebäuden im “Hacienda-Stil”, wie Nico und Dominic sie bezeichneten und Häusern, denen man ihr Betonskelett noch deutlich ansieht. Die Wege säumen – häufig mit Wein bewachsene – Mauern und hohe metallene Tore. Inmitten des Ganzen steht das Grabungshaupthaus, mit seinem gepflasterten Hof, seiner Veranda und der danebenstehenden “Scheune”. Ein enger, manchmal stark zugewucherter Pfad verbindet dieses in direkter Linie mit dem zweiten Grabungshaus, in dem der Großteil des deutsch-georgischen Teams schläft. Im Haupthaus finden neben der Grabungsleitung nur wenige einen Schlafplatz, da auch genügend Platz für das Grabungsbüro und die gemeinsamen Mahlzeiten verfügbar sein muss. In der “Scheune” einem Bau aus Betonpfosten und teilweise bis zum Dach gemauerten Wänden findet sich zudem die Fundbearbeitung.
Ein Abendspaziergang an die nah gelegene Maschawera oder zum Dorfkiosk lässt nach Feierabend die Anstrengungen des Tages schnell vergessen, einzig die allgegenwärtige Geräuschkulisse des nahegelegenen Tagebaus stört ein wenig.
Dorfgeschichten
Warum sind wir überhaupt hier?
Seit knapp 20 Jahren arbeiten deutsche und georgische Archäolog:innen zusammen in der Region um Bolnissi. Wie auch bei Jason ging es hier zunächst um Gold. Genauer gesagt ging es mit Sakdrissi um das älteste (dokumentierte) Goldbergwerk der Welt, das bereits im späten 4. Jahrtausend v. Chr. genutzt wurde. 2006 zum Denkmal erklärt, wurde Sakdrissi 2014 trotz großer Proteste dieser Status wieder aberkannt und für den Goldabbau freigegeben. Bis dahin lag hier der Ausgangspunkt der montanarchäologischen Forschungen, die sich zunächst der Untersuchung des Bergwerkes widmete. Bei der Frage, wie ein solcher prähistorischer Bergbau in den Alltag der Menschen integriert wurde, spielt auch die 2007 unweit von Sakdrissi entdeckte zeitgleiche Siedlung Balitischi-Dzedzwebi eine wichtige Rolle. Neben einigen Grabfunden konnten hier schon in den ersten Kampagnen Werkstätten ausgegraben werden, in denen sich die Aufbereitung von Erzen sowie weiterführende metallurgische Aktivitäten nachweisen ließen. Das Plateau wurde nicht nur von der spätchalkolithischen-frühbronzezeitlichen Kura-Araxes-Kultur genutzt, sondern wurde schon während des Chalkolithikums und auch in der Eisenzeit intensiv für Siedlungsaktivitäten genutzt. 2021 ging es vor allem darum in Dzedzwebi die Werkstätten und Vorratshaltung weiter zu untersuchen, parallel fanden im Hochlagenfundort Mutso (Norkaukasisches Arghunital) ebenfalls archäologische Arbeiten statt. Beide Fundplätze sind Teil der Projektzielsetzung, die wirtschaftlichen und sozialen Dynamiken zwischen den Tiefländern, Tälern und Hochlagen besser zu verstehen.
Der Grabungsalltag
Noch weit vor dem ersten Hahnenschrei beginnt in der Küche die Vorbereitung auf den Grabungstag. Wer um 6 Uhr, respektive 5Uhr mit der Arbeit beginnt, weiß die Mühen der Köchinnen im Haupthaus zu schätzen, dank derer man an einen reich gedeckten Frühstückstisch kommt. So lassen sich noch einige Minuten wertvollen Schlafs herausquetschen. Kaum ist der letzte Bissen im Magen angekommen wird der Pickup beladen und die Grabungsmannschaft bricht zum Plateau auf.
Dort angekommen gehen die gehen die deutsche und die georgische Projektleitung gemeinsam zunächst von Schnitt zu Schnitt und besprechen gemeinsam mit den Schnittleitern das weitere Vorgehen.
Bilder einer Ausgrabung
Neben den Köchinnen, Haushälterinnen und Fahrern, die dem deutsch-georgischen Team den Rücken frei halten bleiben auch einige Archäolog:innen in Balitschi. Zum Beispiel, in der Fundbearbeitung:
Essen und Trinken
Ein großer Vorteil an Auslandsgrabungen ist, dass man die fremde Ess- und Trinkkultur näher kennenlernt. Und da ist Georgien ebenso reich wie an Bodenschätzen. Georgien verbucht für sich das älteste Weinanbaugebiet der Welt zu sein und so ist georgischer Wein, neben der Estragonlimonade das bekannteste Getränk des Landes. Heute gibt es neben der stark zunehmenden Weinherstellung nach westlichem Vorbild auch heute noch traditionell georgische Weine, bei der der Wein während der Reifung in Amphoren gelagert wird. Außerdem bauen viele Einheimische auf ihrem Grundstück Wein an und keltern diesen selbst. Die Küche ist ebenfalls vielseitig, auch wenn in vielen Gerichten Koriander ein prominenter Bestandteil ist. So auch in Chinkali, die als eines, wenn nicht als das Nationalgericht gelten und die jeder während seines Aufenthalts mindestens einmal gegessen haben sollte. Sie auf die „richtige“ Art zu essen ist nicht einfach und es ist daher ein großer Spaß, die ahnungslosen Neulinge zuerst essen zu lassen. Ein weiteres – überaus nahrhaftes – Gericht, das sich leicht zu Hause nachmachen lässt, ist Chatschapuri, ein kreisrunder Teig mit Käsefüllung.
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