Abschluss eines archäologischen Experimentes im LWL-Freilichtmuseum Hagen

Nur selten mutet archäologische Forschung wie eine Zeitreise an. Denn zu lange sind die erforschten Ereignisse her oder zu wenig sind die wissenschaftlichen Fakten hierzu konkret. Folglich erlaubt gut begründete wissenschaftliche Skepsis keine unzweifelhafte Rekonstruktion der Vergangenheit. Das Leben, Wirken und Sterben der Menschen der Vor- und Frühgeschichte bleibt damit überwiegend im Dunkeln. Die experimentelle Archäologie vermag allerdings in seltenen Fällen kleine konkrete Fenster in die Alltagskultur der Vorzeit zu öffnen und kann sogar Facetten der prähistorischen Vergangenheit erlebbar machen.

Ein solches Fenster öffnete sich 2017. Mit einem international beachteten archäologischen Experiment rekonstruierte die LWL-Archäologie für Westfalen (Außenstelle Olpe), das Deutsche Bergbau-Museum Bochum (Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen), die Ruhr-Universität Bochum (Institut für Archäologische Wissenschaften) sowie das Leibniz-Zentrum für Archäologie Mainz (LEIZA) und mit Unterstützung des LWL-Freilichtmuseums Hagen sowie des Instituts für Ziegelforschung Essen e.V. einen Verhüttungsofen der Siegerländer Eisenzeit und betrieb ihn 2017 und 2018 erfolgreich.

Der Experimentofen ist tatsächlich übermannshoch. Derartige Öfen waren typisch im eisenzeitlichen Siegerland und waren die größten Verhüttungsanlagen Europas (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler).

Im Zeitraum zwischen 300 v. Chr. und der Zeitenwende waren die Verhüttungsöfen im Siegerland die größten ihrer Art in Europa. Archäologische Ausgrabungen erbrachten, dass sie auf umfangreiche Produktion hin gebaut waren und in der gesamten Region einheitliche Konstruktionsstandards galten – das Siegerland war eine einzigartige Eisenproduktionslandschaft der Eisenzeit. Doch wie umfangreich war die Verhüttung? Konnten die Öfen effektiv betrieben werden und lieferten sie relevante Eisenmengen? Wie groß war der Brennstoffverbrauch und wie wurden diese großen Öfen überhaupt betrieben?

Die umfangreichen archäologischen Experimente vermochten tatsächlich das über 2000 Jahre alte Verhüttungsverfahren zu rekonstruieren. Sie konnten klären, dass die eisenzeitlichen Hüttenleute massenhaft Eisen erzeugten und wie die Arbeiten konkret abliefen. Auf dem Blog der LWL-Archäologie wurde hierzu mit 15 Beiträgen intensiv berichtet. 

Nun steht er seit 2018 da und verfiel ganz bewusst: Der Experiment-Verhüttungsofen wurde nach Abschluss der zweiten Experimentreihe sich selbst überlassen, um die Verfallsprozesse zu studieren. Erstaunlich ist seine relativ gute Erhaltung noch im Frühjahr 2025 nach fast acht Jahren ohne Wetterschutz. Er ist der einzige gut erhaltene Verhüttungsofen eisenzeitlicher Siegerländer Bauweise – der letzte seiner Art!

Der letzte seiner Art hat noch eine wichtige finale Aufgabe: Am Samstag, den 12. April werden Archäologinnen und Archäologen der Forschungskooperation den Ofen samt seinem Umfeld systematisch intensiv ausgraben. Ziel der Maßnahme ist, Plana und Profile zu erstellen, die mit Plana und Profilen archäologischer Ausgrabungen an eisenzeitlichen Verhüttungsöfen des Siegerlandes verglichen werden können. Damit werden wichtige Daten gewonnen, die es uns erlauben werden, Deutungsmodelle zu überprüfen.

Viele Interessierte haben uns in den letzten Jahren intensiv bekleidet und das Projekt wahrgenommen. Wir laden an dieser Stelle sie zum letzten Mal ein, unsere Arbeiten zu besichtigen und vom letzten seiner Art Abschied zu nehmen! Die archäologischen Maßnahmen werden den Experimentofen nämlich zerstören müssen, damit eine geeignete Dokumentation gelingt.

Der letzte seiner Art: Der Verhütungsofen der archäologischen Experimentreihe 2017-2018 zum Zeitpunkt der ersten Experimentreihe 2017. Er ist im Hag eingebaut und wirkt auf diesem Foto klein und unscheinbar (Foto: Altertumskommission für Westfalen/Leo Klinke).

Bisherige Berichte auf dem Blog der LWL-Archäologie

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