Mit Kelle und Arbeitsschuhen im Gepäck trafen sich Anfang September dreizehn aufgeregte Archäologiestudierende um 3 Uhr nachts am Flughafen in Düsseldorf auf ihrem Weg zu ihrer ersten Ausgrabung in Italien. Während die einen tiefenentspannt auf ihrem Rucksack schliefen und andere bereits die ganze Nacht vor Ort ausharrten, konnten wieder andere vor Aufregung nicht still sitzen. Die Vorfreude jedoch war bei allen zu spüren.
Einige Zeit später saßen wir alle im Flieger nach Neapel. Dort wurden wir von den Mitarbeitenden, die bereits einige Tage im Grabungshaus waren, in Empfang genommen. Schließlich waren wir auf direktem Wege nach Capaccio, wo unsere Unterkunft sowie die Grabungsstätte liegt. Direkt am nächsten Tag ging es für uns, in Arbeitshose gekleidet und mit Werkzeug bewaffnet, in den Archäologischen Park Poseidonia-Paestum, in dem wir die nächsten vier Wochen unseren Arbeitsalltag verbringen sollten.
Was ist Poseidonia-Paestum eigentlich und was machen wir dort?
Die griechisch-römische Stadt liegt in Kampanien am Golf von Salerno in Italien. Poseidonia wurde um 600 v. Chr. als Pflanzstadt von griechischen Siedlern gegründet. 200 Jahre lang erlebte die Stadt eine wirtschaftliche Blütezeit, bis sie unter die Herrschaft der dort einfallenden Lukanier gelangte. 273 v. Chr. fiel die Stadt in die Hände der Römer, woraufhin sie den Namen Paestum erhielt. Als diese den Ort übernahmen, strukturierten sie die Stadt gänzlich nach römischem Vorbild um, lediglich drei große griechische Tempel wurden von den Umbaumaßnahmen verschont. Während der Kaiserzeit verlor die Stadt zunehmend an Einfluss und Wohlstand. Um 500 n. Chr. fing das Gebiet an zu versumpfen und der Ort wurde schließlich aufgegeben.
Seit 2019 erforscht das Grabungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Jon Albers den Komplex des Comitiums und des korinthisch-dorischen Podiumstempels am Forum, sowie deren Zeitstellung zueinander. Ungewöhnlich an diesem Komplex ist der Aspekt, dass der Tempel in das normalerweise runde Comitium an einer Ecke einschneidet. Dieses Phänomen hat daher bislang viele Fragen bezüglich der Datierung aufgeworfen, die es nun im Rahmen der Paestum-Kampagnen zu beantworten gilt.In diesem Jahr haben wir dazu zwei Schnitte im Comitium am Podium des Tempels ausgehoben. Ein weiterer wurde am Altar, gegenüber der Tempelfront, geöffnet.
An unserem ersten Tag klingelte, wie an jedem folgenden, um 6 Uhr der Wecker, sodass wir pünktlich um 7:15 Uhr bereit für die Abfahrt zur Grabungsstelle waren. Im Comitium angekommen, galt es– zunächst bei Regen – die gesamte Grabungsfläche „touristensicher“ zu machen, um ungewollte Unfälle zu vermeiden. Sorgfältig abgesteckt, wurde die erste Erdschicht abgetragen – immer darauf bedacht, nicht zu tief zu gehen und das darunter liegende Stratum nicht zu beschädigen. Gleichzeitig sicherten wir die Keramik für die weitere Dokumentation und übergaben diese zum Sortieren und Inventarisieren der Fundbearbeitung – ganz unter dem Motto: „Da freut sich die Fundbearbeitung“.
Von anfänglich hohen Temperaturen, fehlenden Schattenplätzen und gelegentlichen Krankheitsfällen haben wir uns natürlich nicht unterkriegen lassen und in den Schnitten fleißig gehackt, geschaufelt und gefegt (selbstverständlich auch mit Pinseln – wie im Film), um die folgenden Schichten freizulegen. Während viele von uns schaufelten, kümmerten sich andere Studierende um weitere wichtige archäologische Tätigkeiten. So war die gewissenhafte technische Dokumentation eines jeden archäologischen Befunds garantiert, damit alle Grabungsphasen hinterher dreidimensional visualisiert werden können.
Um die zahlreichen, im Park verstreuten Bauteile des Tempels aufzunehmen, verbrachte das Bauornamentik-Team viele Stunden vor dem Zeichenbrett. Hierbei ging es in erster Linie darum, noch nicht erfasste Stücke zu dokumentieren und die Metopen des Tempels unter die Lupe zu nehmen.
In unserem Arbeitstag durften die Pausen in der ortsansässigen Bar bei Kaffee, Granita und Panini natürlich nicht fehlen. Nach vielen Stunden des Aufpassens, um auf keine geputzten Flächen zu treten (nicht machen!), ging es für uns um 17 Uhr zurück zum Haus. Nach einer ausgiebigen Dusche gehörte auch das gemeinschaftliche Kochen zu unserem Abend (und nein – es gab nicht jeden Tag Nudeln). Bei einem Gläschen Wein und guten Gesprächen ließen wir den Tag gemütlich ausklingen. Die freien Sonntage nutzten wir für einen Besuch in Pompeji, eine Erkundung der örtlichen Strände und diversen Ausflüge in lokale Museen.
Die Bilder wurden erstellt von Anna-Lisa Schneider und Marc Klaus. (c) Ruhr-Universität Bochum
Damaris Axmann, Lennart Fütterer und Sina Blecher
Die Autor:innen studieren aktuell an der Ruhr-Universität.